Rheinische Post, 01.06.2019
Düsseldorf Mehr als 120 Apotheken sind deutschlandweit Systempartner des Düsseldorfer Unternehmens. Geht es nach der Geschäftsführung, dann kommen noch deutlich mehr Standorte dazu. Die Partner müssen sich an klare Vorgabe bei der Einrichtung ihrer Ladenlokale halten.
Sie werden von Inhabern klassischer Apotheken nicht selten misstrauisch beäugt, die großen Filialen der easyApotheke, an denen fast alles grasgrün ist, das Schild über dem Eingang, die Werbeflyer und die T-Shirts der Mitarbeiter. „Natürlich stehen wir im Fokus, wir machen ja auch vieles anders“, sagt Gesellschafter und Vorstand Stephan Just über das Franchise-Konzept – es gebe mehr Platz, mehr Artikel zum Anschauen und Stöbern: „Bei uns ist man nicht Patient, sondern Kunde.“ Mehr als 120 easyApotheken gibt es aktuell von Flensburg bis Freiburg, jede wird von einem selbstständigen Apotheker geführt – nach genauen Konzeptvorgaben der Zentrale.
Just ist kein Pharmazeut, sondern hat BWL studiert. 20 Jahre lang drehte sich bei seiner Arbeit alles um Gabelstapler, bei Jungheinrich im Rheinland. Von dort ging es zum Essener Medikamenten-Großhändler Noweda, wo er mit dem Apothekenmarkt in Berührung kam und seinen heutigen Vorstandskollegen Lars Horstmann kennenlernte. Gemeinsam stiegen sie 2011 bei der damals strauchelnden easyApotheke ein, „das war wahrscheinlich nicht mutig, sondern bekloppt“, sagt Just. Die Systemzentrale verlegte er nach Düsseldorf – weil er der Liebe wegen hier leben wollte, und weil nur eine Metropole in Frage kam: „Wir können hier besser Personal gewinnen, weil die Stadt vieles bietet.“ In dem Büro am Niederkasseler Lohweg in Lörick arbeiten heute rund 75 Mitarbeiter, weitere werden gesucht.
Wenn er erzählt, was die Filialen seiner Franchise-Nehmer aus seiner Sicht besser machen, redet er sich schnell in Schwung. Manche klassische Apotheke, sagt er, ähnele einem Tante-Emma-Laden – auch viele frei verkäufliche Produkte lägen da außer der Reichweite des Kunden hinter der Theke: „Aber wer etwas verkaufen möchte, der muss es auch zeigen.“ Als er begann, sich einzuarbeiten, dachte er viel darüber nach, was ihn selbst in Apotheken störe: wenn der Kunde für ein fehlendes Medikament wiederkommen muss etwa, oder wenn man sich für jeden kleinen Kauf in eine lange Beratungsschlange einreiht. Just kritisiert vieles, was klassische Apotheker tun – aber das gilt durchaus auch umgekehrt. Seine Konkurrenten haben immer wieder die Preispolitik der easyApotheke angegriffen und vor einer „Verramschung“ gewarnt, auch Vorwürfe wegen zu offensiver Werbung hat es gegeben. Manchmal heiße es, easy zerstöre den Markt, sagt Just: „Ich denke aber, wir zeigen, dass Apotheker auch mit marktwirtschaftlichem Denken erfolgreich sein können.“
Das Franchise-System macht seinen Systempartnern freilich strenge Vorgaben – vom Sortiment bis zu Aussehen und Einrichtung der Apotheke bis ins Back-Office. Die Ladenlokale (Verkaufsbereich mindestens 120 Quadratmeter) sucht die Zentrale für den Apotheker, „bei uns kommen nur Lagen mit viel Publikumsverkehr in Frage“, sagt Just. Ist der Partner mit dem Standort einverstanden, geht’s an die Einrichtung. Der Kunde soll, das kennt man von Ikea, mit klarer Wegeführung durch die ganze Apotheke gelotst werden, mit großem Freiwahl-Bereich mit Kosmetikprodukten, Vitaminen, Tee. Die apothekenpflichtigen Medikamente befinden sich bei den Theken im hinteren Bereich, wo Fachangestellte und Apotheker die Kunden beraten; auch auf diesen Punkt wird großer Wert gelegt. Gezahlt wird erst am Ausgang: „Das muss nicht eine Fachkraft erledigen, die in dieser Zeit eine Beratung machen kann“, sagt Just. Von der Zentrale geschickte Testkäufer besuchen regelmäßig die easy-Standorte und prüfen, ob sich die Partner an alles halten: Sind die Regale vorschriftsmäßig lückenlos gefüllt? Sind die Kassierer freundlich?
Er glaube nicht, sagt Just auf Nachfrage, dass die Vorgaben als zu streng wahrgenommen würden: „Wir helfen, dass die Apotheker sich auf das Wesentliche konzentrieren können. Auf die Pflege der Kundenbeziehungen, auf ihren Service, auf ihre Personalführung.“ Zudem bemühe man sich, den Partnern die besten Einkaufskonditionen anzubieten: „Warum sollte dann jemand unzufrieden sein?“ Mit dem Konzept kommt ein easyApotheker nach Angaben von Just im Schnitt auf mehr als 300 Kunden am Tag, doppelt so viele wie andere Apotheken. Nur etwa die Hälfte des Umsatzes macht er mit rezeptpflichtigen Medikamenten, bei klassischen Apotheken sind es etwa 80 Prozent. Trotzdem haut es auch bei easy nicht immer hin: Die einst 100. Apotheke unter dem grünen Label befand sich ausgerechnet nahe der Zentrale an der Luegallee – und ist seit einigen Monaten geschlossen. Geplant ist aber, sie wiederzueröffnen. Mit der Expansion soll es weitergehen, auch mit Hilfe eines neu aufgelegten Existenzgründer-Programms. Bis zu 500 Standorte, sagt Just, kann er sich in Deutschland vorstellen.
Von Nicole Lange
Erstellt am: 1. Juni 2019